Emotionale Kontamination im Arbeitsteam
Was auf den ersten Blick wie ein Scherz vermutet, entpuppt sich als eine altbekannte Erkenntnis in der Psychologie. Max Scheler hat 1913 erstmalig das Phänomen der Gefühlsübertragung, die sogenannte Emotionale Kontamination beschrieben.
Emotionale Kontamination. Auch in Ihrem Arbeitsteam?
Hand aufs Herz: Kennen Sie die folgenden Situationen? Bereits zu Arbeitsbeginn fallen Kollegen mit heruntergezogenen Mundwinkeln und lustlosem Verhalten auf. Sie müssen dann auch gleich allen mitteilen, dass Sie „heute Nacht schlecht geschlafen haben“, Ihnen „nicht gut heute ist“ und es „sicherlich heute ein furchtbarer Tag wird“. Kein Lächeln, keine nette Geste, kein lockerer Spruch, keine motivierte Haltung.
Wie eine wabernde Wolke hängt diese dunkle, pessimistische, negative, vielleicht auch schon vergiftete Stimmung plötzlich im Raum.
Emotionale Kontamination in vollem Gange
Unwillkürlich und unbewusst übernehmen Sie persönlich die Gesten, die Mimik, die Gefühle und auch die Sprache des Gegenübers. Waren Sie heute Morgen „gut drauf“, fühlten sich gesund und voller Tatendrang, so schlägt dies bald ins Gegenteil um. Ihre Motivation sinkt, die gefühlte Zerrissenheit steigt. Lohnt sich überhaupt Ihr Engagement in der Arbeit wo doch die Vorzeichen wie gehört so schlecht stehen? Ihre Erwartung an den Arbeitstag passt sich der allgemeinen Stimmung an – und Ihre Chancen stehen gut, dass es dann auch genauso eintreffen wird.
Emotionale Kontamination: Alles nur eine Idee der Psychologen?
Nein! Die Emotionale Kontamination ist eine ganz natürliche und sogar angeborene Eigenschaft des Menschen. Sie dient dazu, dass Kleinkinder sich enger an ihre Eltern gebunden fühlen. Sie tritt auch im Erwachsenenalter auf, wenn zum Beispiel Ehepaare sich immer ähnlicher werden oder Menschen, die sehr eng in Teams arbeiten, sich immer mehr aneinander anpassen. Sie hat aber auch Nachteile, nämlich dann, wenn einige Wenige Ihre Gefühle dominant in den Raum fließen lassen und andere mehr oder weniger bewusst zulassen, dass diese Gefühle der neue Maßstab für die Bewertung wird.
Wissen um Emotionale Kontamination: Nutzen für den Berufsalltag
Kann dies Wissen um Emotionale Kontamination nun positiv genutzt werden? Nein, werden Sie vielleicht sagen. Sie werden argumentieren, dass Sie als Mitarbeiter in einem Arbeitsteam die Rahmenbedingungen nicht verändern können. Ihr Alltag ist daher vollgepackt, hektisch, stressig und häufig kaum auszuhalten. Richtig?
Stimmt aber nicht!
- Sie können allein an Ihrer eigenen Wortwahl arbeiten, damit sich darüber etwas in Ihrer persönlichen Haltung verändert und sich dies auch auf Ihre Kollegen und letztendlich auch auf Ihre Kunden positiv überträgt. Hören Sie genau hin. Welche Begriffe nutzen Sie, die einen „bitteren“ Beigeschmack besitzen und eher negativ nachklingen. Überlegen Sie doch einmal gemeinsam im Team, wie Sie Ihre Sprache im Berufsalltag positiver gestalten könnten.
- Sie haben Ihren Beruf aktiv gewählt. Wann haben Sie das letzte Mal einem Außenstehenden berichtet, dass Sie in einem Umfeld tätig sind, das viele Möglichkeiten zur Veränderung birgt? Und viele Menschen auch glücklich macht? Seien Sie stolz auf das, was Sie tun!
- Lächeln Sie sich gegenseitig an! Lachen ist ein guter Katalysator für Gesundheit. Ein Lächeln entspannt Sie, Ihre Kollegen und Ihre Kunden. Lächeln signalisiert, dass Sie in „guten“ Absichten auf jemanden zugehen. Wer lächelt bekommt meist auch ein Lächeln zurück.
Emotionale Kontamination: Jeder beginne bei sich.
Ich höre schon die Kritiker rufen, das alles bringe das Arbeitsteam nicht weiter, die Arbeitsbedingungen würden deshalb nicht besser werden.
RICHTIG! Der Rahmen wird sich zunächst nicht verändern.
Aber mit jedem Lächeln, mit jedem Wort für die gute Laune werden Sie und damit das Team besser gestimmt sein, der Maßstab der Bewertung im Team verändert, die Arbeit leichter von der Hand laufen, Kunden entspannter reagieren sowie Komplikationen und Fehler verringert und wenn doch passiert, sicherlich leichter verziehen. Sie werden Raum in Ihrem Kopf und in Ihrem Herzen gewinnen, um kreative Verbesserungen auch in den Arbeitsbedingungen anzustreben. Kollegen werden gerne mit Ihnen in Ihrem Team arbeiten und somit weniger häufig kündigen, Personalmangel verringert.
Seien Sie mutig!
Unterbinden Sie aktiv Nörgelei und Schwarzmalerei. Sagen Sie deutlich, dass Sie das nicht möchten, grenzen Sie sich ab.Und: Gehen Sie es als Arbeitsteam gemeinsam an! So, wie Sie jeder Infektion im Krankheitsfalle entschlossen entgegen treten – tun Sie das auch mit der Emotionalen Kontamination. Sie werden spüren, dass Sie persönlich, auch im Privaten, davon profitieren werden.
Ich wünsche Ihnen viel Mut dabei!
Ihre Susanne Lusiardi
Quelle: verpflegen – Zeitschrift des behr´s verlag Hamburg; Autorin: Susanne Lusiardi (Kopien oder Vervielfältigung nicht erlaubt), aus meiner Serie: „Mal an mich gedacht“, November 2018; Kontakt zum Verlag über info@behrs.de
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!