Was ein Turnbeutel uns lehren kann: Kontrolle ist gut – aber Vertrauen ist viel besser!

Vielen von uns ist der Satz in Fleisch und Blut übergegangen: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“.  Aber kann man im Leben alles kontrollieren? Kann man das Leben wirklich beherrschen? Und: wer kontrolliert hier eigentlich wen?

 

Sie haben Kinder? Dann kennen Sie die geschilderte Situation sicherlich. Die Familie sitzt noch am Frühstückstisch. Von außen sieht das ganz entspannt aus, aber in Ihrem Kopf als berufstätige Mutter oder Vater rotiert es. Welche Stunden stehen heute für Ihr Kind auf dem Stundenplan? Sind auch die Turnsachen gepackt? Und was habe ich noch alles am heutigen Tage zu erledigen? Was wird mich auf der Arbeit erwarten? Noch schnell das Pausenbrot schmieren und dann los. Die Kinder zu Fuß oder mit dem Rad, Sie mit dem Auto. Sie wollen gerade losfahren, da entdecken Sie einen einsam verlassenen Turnbeutel neben der Eingangstür. Sie fühlen, wie Wut in Ihnen hochsteigt. Sie beginnen wie ein Rohrspatz zu schimpfen und fallen schließlich resigniert und ziemlich genervt in sich zusammen. Sämtliche Energie für den Tag scheint bereits aufgebraucht. Sie sind enttäuscht. Sie haben doch am Frühstückstisch noch daran erinnert, den Turnbeutel mitzunehmen.

Und wieder ploppt der alte Glaubenssatz in Ihnen auf: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser! Sie fühlen, versagt zu haben.

 

Kontrolle von außen und von innen

Das Beispiel zeigt auf: Kontrolle wirkt von außen und auch von innen.

Es wird gefordert, dass der Turnbeutel den Kindern mitgeben wird. Sie als Eltern setzen auf Verantwortung und vertrauen darauf, dass Ihr Kind selbst mitdenkt. Und werden enttäuscht.

Auf der anderen Seite ärgern Sie sich, dass Sie die Kontrolle nicht ausgeführt haben. Womöglich meinen Sie sogar, dass Sie die Kontrolle über sich selber verloren haben:  zum einen in Ihrem Abarbeitungs- und Zeitplan und zum anderen, weil Sie den Frust in drastischen Worten laut äußerten. Die eigenen Gefühle nicht kontrollieren konnten.

Doch wer gibt den Maßstab vor, an dem Sie sich messen? Wer schreibt vor, immer kontrolliert zu sein?

Folgen der Kontrolle

Kontrolle erfolgt häufig präventiv, um Gefahren vorzubeugen. Aber kann wirklich allem vorgebeugt werden? Müssen wir nicht manchmal darauf vertrauen, dass alles gut werden wird?

Kontrolle führt langfristig zu einer Misstrauenshaltung bis hin zu einer Misstrauenskultur. Nicht nur in Unternehmen, die als Reaktionen häufig überforderte Mitarbeitende und hohe Kündigungsraten verzeichnen müssen. Misstrauen macht sich auch in familiären Bezügen breit mit der Folge, dass gar nichts mehr erreicht wird, keine Entwicklung mehr geschieht.

Was wäre wenn…

Was wäre so schlimm, ein Minus in der Bewertung zu erhalten, weil der Turnbeutel fehlt? Ist das im Leben ein entscheidender Faktor? Wie viel entspannter könnten Sie zur Arbeit fahren, würden Sie in der Lage sein, die Kontrolle darüber abzugeben.

Der Gedanke, Kontrolle abzugeben, verunsichert bereits. Es muss doch kontrolliert werden, sonst läuft alles aus dem Ruder. Da kann ich Sie beruhigen: die soziale, gesellschaftliche Kontrolle greift. Sie lässt uns nicht wirklich aus dem Ruder laufen. Lassen wir aber nie los und beißen wir uns ständig daran fest, alles in der Hand haben zu wollen, vermiesen wir unsere eigene Lebensqualität und verlieren Energie, die wir woanders dringender benötigen.

Ein Experiment: Sein lassen

Lust heute mal die Kontrolle abzugeben? Alles hinzunehmen, so wie es ist? Nicht nur Los- zu lassen, sondern auch Sein- zu lassen? Eine schwere Aufgabe! Nicht alles zu wissen. Sich dem inneren Drang zu verweigern, alle Fäden in der Hand zu haben. Den Turnbeutel stehen zu lassen und die Folgen hinzunehmen. Was soll schon passieren? Vielleicht kann nicht am Sportunterricht teilgenommen werden, vielleicht aber wird auch seitens des Kindes eine kreative Idee geboren, den fehlenden Turnbeutel zu ersetzen und trotzdem am Unterricht teilzunehmen und….daraus selber zu lernen.

Und die Bewertung der Situation durch andere Personen – was wäre das Schlimmste daran?

Probieren Sie es aus!

Lassen Sie los – lassen Sie es so sein wie es ist.  Spüren Sie wie befreiend das sein kann, nicht immer alles in der Hand zu haben. Überlegen Sie nicht, ob sie alle Zutaten für das Abendessen zu Hause zu haben. Sie werden dennoch nicht verhungern. Sie werden eine Lösung finden und vielleicht den Pizzadienst rufen.

Erspüren Sie wie es sich anfühlt aus dem Hamsterrad zumindest für eine kurze Zeit und in bestimmten Situationen herauszutreten.

Vertrauen Sie darauf!

 

 

 

 

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