Ein Beitrag für Pflegekräfte: Hilflose Helfer -> aber nicht nur für Pflegende!

In den immer unüberschaubarer wirkenden Strukturen und Abläufen in den Pflege- und Gesundheitseinrichtungen fühlen wir uns nicht selten überlastet und planlos. Wir nehmen uns vor, uns selber besser zu strukturieren und die eigenen Tätigkeiten übersichtlich und aktiv zu gestalten.  Aber wie soll das gehen? Der folgende Beitrag lädt Sie ein, die Rolle des „Hilflosen Helfers“ näher zu betrachten und durch erste, kleine Veränderungen einen persönlichen Rollenwechsel einzuleiten. Lust dazu? Dann gehen Sie den ersten Schritt und beantworten Sie zunächst die folgende Frage für sich.

Sind Sie ein „Hilfloser Helfer“?

Dieser Begriff ist Ihnen bestimmt schon des Öfteren begegnet. Der Ausdruck „Hilflose Helfer“ wurde von Wolfgang Schmidbauer, einem Psychoanalytiker, geprägt. Er beschreibt damit Menschen, die vor allem in sozialen Berufen anzutreffen sind. In einem Gesundheitswesen, welches mit seinen vielen Vorgaben undurchdringlich und intransparent erscheint, in dem das notwendige Personal an allen Ecken und Enden fehlt und der Mensch sich dem wirtschaftlichen Handeln und Gewinnstreben unterordnet, ist die Beschreibung „Hilfloser Helfer“ absolut zutreffend. Der Begriff beschreibt jedoch auch eine „krankhafte Nächstenliebe“. Eine Nächstenliebe, die die eigenen, persönlichen Grenzen nicht anerkennt und ausschließlich das Gegenüber in den Mittelpunkt rückt. In diesem Zusammenhang definiert Schmidbauer das “Helfersyndrom” als das Bedürfnis, so oft wie möglich von außen die dankbare Zuwendung von hilfebedürftigen Menschen zu erlangen, die professionelle Helfer „für [ihren] scheinbaren Verzicht auf die eigene Bedürfnisbefriedigung“ erhalten [2]. Es handelt sich somit um eine gestörte (Selbst-)Beziehung. Beschäftige in sozialen Berufen opfern sich quasi auf für den Erhalt der Zuwendung.

Verfügen Sie über die Fähigkeit, Gelassenheit und Mut zu leben?

Unabhängig davon, ob die eigene Persönlichkeitsstruktur des „Hilflosen Helfers“ zutreffend ist oder ausschließlich äußere Rahmenbedingungen zu den beschriebenen Missempfindungen führen – Veränderung tut Not. Neue Gedanken und Perspektiven, die Haltung zur Arbeit sowie in unseren Gefühlen für unser Gegenüber zu entwickeln. Die Gestaltung der äußeren Rahmenbedingungen ist für Einzelpersonen meist nicht möglich. Hier ist Gelassenheit gefordert, dies anzuerkennen und sich nicht daran aufzureiben. Auf der anderen Seite steht der Mut, sich selbst zu verändern, selbstwertiger und selbstachtsamer mit Situationen umzugehen und Pflegebeziehungen aktiver zu gestalten.

Den Blick neu auszurichten auf die Pflegesituation, um die eigene Hilflosigkeit zu verringern und neue Anker zu setzen für das eigene Wohlbefinden. Achtsamkeit kann dabei helfen, mutig auf sich zu blicken und mit sich selbst sensibler und wertschätzender umzugehen. Letztendlich, in eine andere Rolle hineinzufinden.

 

Achtsamkeit im Arbeitsalltag – Vorschläge für die ersten Schritte  

  • Nehmen Sie sich Zeit für sich – Bleiben Sie bei sich

Wann haben Sie sich zum letzten Mal Zeit für sich genommen, und sich gefragt, wie es Ihnen eigentlich geht? Welche Rolle nehme ich ein? Will ich diese Rolle in dieser Form wirklich einnehmen? Wie gehe ich mit erlebten Stresssituationen um? Was tut mir gut? Was löst in mir, in meinen Berufsalltag, einen persönlichen Leidensdruck aus? Lernen Sie sich wieder besser kennen. Bleiben Sie bei sich.

  • Gehen Sie bewusst einen Schritt nach dem anderen

Geforderte Tätigkeiten bewusst durchführen – Hand aufs Herz – wann konnten Sie das in den letzten Monaten? Waren Sei nicht bereits schon während Sie noch mit einer Aufgabe beschäftigt waren gedanklich schon bei der nächsten Herausforderung, die auf Sie wartet? Konnten Sie eine Tätigkeit bewusst abschließen, bevor Sie die nächste beginnen konnten? Geben Sie sich selber einen Wert zurück für Ihre Arbeit: bewusst eine Tätigkeit nach der anderen durchzuführen vermittelt Ihnen das Gefühl etwas aktiv geleistet zu haben und nicht passiv durch den Alltag gehetzt worden zu sein.

  • Um Hilfe und Unterstützung bitten

Machen Sie anderen ein Geschenk und bitten Sie um Hilfe. Sie erkennen damit auch Ihre eigenen Grenzen an. Das gesamte Arbeitsteam wird darüber lernen, mitfühlender und achtsamer miteinander umzugehen.

  • Die Körperhaltung färbt auf die Seele ab

Beobachten Sie sich und andere. Gerade die Position der Schultern sind Frühwarnsystem für Belastung. Dabei können die Schultern nach oben (oft bei akuter Anspannung) oder nach vorne abfallend sein (oft bei dauerhafter Belastung). Geben Sie Ihrem Unterbewusstsein ein Signal und probieren Sie, die Schulter samt Nacken zu entspannen und die Brust zu straffen. Ihrem Körper und ihrem Unterbewusstsein wird damit signalisiert, dass keine Gefahr droht. Anspannung darf fallen.

  • Verlieren Sie den Boden unter Ihren Füßen nicht

Beim Laufen über den Flur hin zu einem Bewohner-/Patientenzimmer könnten sie bewusst jeden Schritt wahrnehmen, die Füße ganz betont auf dem Boden abrollen lassen umso den Fußboden achtsam zu spüren. Damit wird dem Unterbewusstsein vermittelt, trotz Eile und Hektik im übertragenen Sinne die Bodenhaftung nicht zu verlieren.

  • Halten Sie Pausen ein!

Kämpfen Sie nötigenfalls für Ihre Pause und feiern Sie ein klein wenig Ihre Erholungszeit. Auch das hilft, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen, Routinen zu durchbrechen und im Hier und Jetzt zu ankern.

 

Mit Gelassenheit und Mut werden Sie zum „sich Helfenden Helfer“ und nutzen damit die Chance, aus Ihrer bisher gelebten Rolle in kleinen Schritten auszusteigen.

 

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