Wenn das Schnitzel zum Eintopf wird: „Was ich mir selber wert bin“
Ich weiß schon, Sie kennen den Spruch, allerdings in einer Abwandlung. Im Werbeoriginal heißt er: „Weil ich es mir wert bin“. Aber mal ganz ehrlich: wer kennt schon seinen persönlichen Wert. Wer gibt diesen eigentlich vor? Und: Sollte es nicht besser heißen, „weil es mir guttut“?
Das Leben ist schon merkwürdig. Nicht selten fühlen wir uns für das, was wir tun, nicht ausreichend wertgeschätzt. Im Beruf, in der Familie, im Freundeskreis oder auch im ehrenamtlichen Engagement. Dieses Gefühl der mangelnden Wertschätzung hat oft zur Folge, dass Jobs gekündigt, Beziehungen beendet, Umzüge in die Wege geleitet oder auch Lebensperspektiven verlassen werden. Es wird viel, sehr viel Energie aufgewendet in eine Veränderung der äußeren Lebensumstände mit der Hoffnung, endlich wertgeschätzt zu werden. Endlich ein gutes Gefühl zu haben, endlich im Reinen zu sein.
Die Sache hat nur einen Haken. Selbst nach einer Umorientierung spürt man immer noch von der Wertmeinung anderer abhängig zu sein. Ist diese Abhängigkeit von Anderen wirklich erstrebenswert? Nein, natürlich nicht. Hier stimmen Sie mir sicherlich zu.
Lassen Sie uns einmal anders auf das Thema blicken.
Blicken wir weniger auf die Anderen und fordern weniger von dort die Wertschätzung ein, sondern beginnen wir bei uns selber und in unserem Alltag. Gehen wir der Frage nach, wie wichtig wir uns selber sind. Wie wertschätzend wir mit uns selber umgehen.
Provokativ behaupte ich, dass Sie Ihrem Auto mehr Wertschätzung entgegenbringen als Ihrer eigenen Person. Sie sind bereit, 100 € oder mehr Stundenarbeitslohn für die Inspektion Ihres Autos zu zahlen. Für die wohltuende Fußpflege, einem Achtsamkeitstraining, ein entspannender Malkurs oder für ein vielleicht auch nur einmalig stattfindendes klärendes Gespräch mit einem Gesundheitsberater oder Therapeuten Geld in die Hand zu nehmen, sind wir weniger bereit.
Ja, das Auto wird benötigt. Ihr Körper aber auch.
Oder denken Sie an das Motorenöl für Ihr Auto. Hier liegt die Spannbreite zwischen 30€ und 60€ für 3-5 Liter. Nicht gerade preiswert. Aber beim gesundheitsförderlichen Salatöl sind wir zögerlich und rechnen akribisch nach, dass zum Beispiel ein gutes Olivenöl auch seinen Preis hat.
Ich bin mir bewusst, nicht jeder kann sich das wirklich leisten. Dennoch darf anhand dieser Beispiele die Frage gestellt werden, wie wertschätzend wir selber mit unserem Körper und mit unserer Seele umgehen.
Konkreter: Nicht selten erleben wir eine psychische Belastung, die uns umtreibt und den Schlaf raubt oder wir vor stehen vor Entscheidungen, die wir alleine nicht strukturieren können. Und dennoch schlagen wir die Möglichkeiten der Entlastung und Klarheit wie zum Beispiel durch die Nutzung eines medizinisch-therapeutischen Beratungsangebotes aus, weil wir es uns nicht wert sind. Dabei täte es uns vielleicht einfach gut. Statt Wertschätzung für uns selber zu entwickeln, erleben wir diese Angebote und Möglichkeiten nicht selten als Ausdruck des Versagens unserer eigenen Person. Zumindest meinen wir das aus den Augen Dritter zu lesen.
Schöner, schneller, weiter.
Warum gelingt es uns so wenig, uns frei zumachen von den Blicken der anderen. Warum ist es so schwer, ohne deren Wertschätzung zu leben. Wir strampeln uns ab für das neue Haus, das tolle Sofa, den teuren Pullover, den Karibikurlaub. Um dazuzugehören, um mitreden zu können, um Wertschätzung zu erhalten. Nach wenigen Wochen ist das besondere Erleben dem Alltag gewichen. Der Karibikurlaub Schall und Rauch, das Sofa zeigt erste Abnutzungserscheinungen, der Pullover ist im Schrank im Pulloverberg verschwunden und die ersten Mängel am Haus treten zu Tage, alles wird Gewohnheit, alles nutzt sich ab. Oder anders ausgedrückt: Das Schnitzel wird zum Eintopf. Unser körperliches oder seelisches Belastungserleben dahinter bleibt.
Wir neigen dazu, Wertschätzung von außen, von der Bewertung Dritter abhängig zu machen, statt unseren eigenen Maßstab zu entwickeln. Ein Beispiel: Wir klagen über Stress und Belastung mit der Folge, dass wir nicht mehr „runterfahren“ oder schlafen können. Statt vielleicht etwas Schwung aus dem Alltag zu nehmen, etwas kürzer zu treten, vielleicht weniger zu verdienen und sich Freiräume für sich selber zu schaffen, nutzen wir Tauschoptionen. Wir nehmen zum Beispiel an einem Yogakurs teil, im Tausch zu unserem Stresserleben. Yoga tut gut, keine Frage. Inzwischen ist die Teilnahme an einem Yogakurs aber auch zu einem „MUST HAVE“ geworden um damit auszudrücken, dass das eigene Leben so aktiv ist, das Arbeitsleben so viel von einem abverlangt, dass man als erfolgreicher Mensch (und somit wertzuschätzender Mensch) den Yogakurs besuchen muss.
Was machen wir hier eigentlich für Gleichungen auf?
-Lassen Sie Ihren eigenen Wertmaßstab zu. Leben Sie Ihren persönlichen Wertmaßstab und nicht den der anderen.
-Akzeptieren Sie sich mit Ihren Schwächen und Stärken, denn dies ist Grundlage für das Selbstbewusstsein, das wir zur Verankerung unseres Maßstabes benötigen.
-Freuen Sie sich an sozialen Kontakten – einfach so.
-Genießen Sie jeden Freiraum, den Sie für sich nutzen können und fordern Sie diesen für sich auch ein. Und genießen Sie das Nichtstun.
-Seien Sie eigensinnig. Fragen Sie sich, welche Bedürfnisse Sie haben und setzen Sie diese um. Ihr Maßstab ist Ihr Maßstab und nicht der Maßstab der anderen.
Und ersetzen Sie Wertschätzung mit GUTTUN. Tun Sie das, was Sie tun, weil es Ihnen und nur Ihnen guttut. Und lösen Sie sich damit von der Wertschätzung durch andere.
Weil Sie es sich wert sind. Weil es Ihnen guttut!
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